/ Dezember 8, 2022/ Allgemein

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Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrter Kämmerer Lütz,
liebe Ratskollegen und Vertreter der Presse,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

„Früher war alles besser“ – gerne wird dieser Satz von älteren Generationen bemüht, um den Jüngeren aufzuzeigen, dass man mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden ist. Auch wenn der Satz nur bedingt gilt und man das Wort „Besser“ eher durch das Wort „Anders“ ersetzen sollte, ist es sinnvoll hin und wieder einen Blick zurück zu werfen.

Früher war alles …früher? Nein…definitiv nicht. Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo wir zur Jahresabschlusssitzung des Rates die schmutzige Wäsche des abgelaufenen Jahres gewaschen haben – und uns dann im Frühjahr noch einmal mit dem Haushalt beschäftigt haben. Schön, nun bündeln wir das alles in einer Rede. Nein, schön ist das nicht unbedingt.

Der Haushaltsplanentwurf 2023 wurde auch in diesem Jahr wieder so rechtzeitig eingebracht, dass wir den Haushalt noch vor dem Start ins neue Jahr verabschieden können. Das sorgt im neuen Jahr sofort für volle Handlungsfähigkeit der Verwaltung. Das ist schön. Und gut. Vielen Dank dafür an den Kämmerer und seine Mannschaft. Wie gendert man eigentlich Mannschaft korrekt? Ok. Sagen wir Team.

Schon im vergangenen Jahr haben wir festgestellt, dass der Haushalt auf wackeligen Beinen steht. Maßgeblich bedingt durch ein Virus, der nicht nur Menschen, sondern auch einen Haushalt in die Quarantäne drängt. In diesem Jahr kommt ein Krieg in Europa hinzu, dessen ökonomische Auswirkungen heute noch nicht abzusehen sind. Man merkt, dass viele Dinge nicht vorauszuahnen und finanziell nicht kalkulierbar sind.

Was kann also der Haushalt 2023? Er kann einem schon irgendwie Angst machen. Und Angst war ja bekanntlich noch nie ein besonders guter Ratgeber.

Aber so viel steht fest – es sind und werden unruhige Zeiten – der Gürtel muss enger geschnallt werden.

Da kommt es einem doch wie ein schlechter Scherz vor, wenn wir von der Landesregierung dazu genötigt werden, die Verluste, die der Corona-Pandemie sowie dem Ukraine-Krieg zuzuordnen sind, quasi als eine Art Ewigkeitsschulden in die Zukunft zu schieben. Das, was wir eigentlich nicht wollten. Den nächsten Generationen Schulden überlassen. Ein Tribut an die Städte und Gemeinden, die es bisher noch nicht verstanden haben, ihren Haushalt in den Griff zu bekommen. Man könnte glatt meinen, dass sich Sparen und gesundes Haushalten nicht lohnen. Was will uns das sagen? Dass eine Kommune nicht insolvent werden kann? Das ist ja schön, weil unser Bundeswirtschaftsminister ja leider noch nicht einmal weiß, was Insolvenz bedeutet.

Aber zurück zum Freudenberger Haushalt 2023: Vieles wird teurer. So wie die Wasser-, Abwasser- oder die Müllgebühren. Dass uns Stadtverordneten in diesem Jahr eine Liste mit freiwilligen Leistungen der Stadt vorgelegt wurde, und intensiv darüber beraten wurde, welche man davon möglicherweise streichen kann, spricht für sich. Einige werden sich sicher noch an die damalige „Giftliste“ erinnern, die abgearbeitet wurde, bevor sich dann für eine aus damaliger Sicht unschöne aber wie sich heute mehr denn je zeigt notwendige Erhöhung der Grundsteuer B geeinigt wurde. Bei vielen umliegenden Kommunen kommt dieser Schritt erst jetzt – und aus haushaltsplanerischer Sicht sicher zu spät.

Auf einer Prioritätenliste sind viele Projekte auf Jahre verschoben, nur noch auf Fördergelder angewiesen oder sogar ganz auf Eis gelegt worden. Selbst wir müssen uns eingestehen, dass der Bau eines Lehrschwimmbeckens auf Grund der hohen Kosten – sehr zum Leidwesen der Kinder – momentan nicht realisiert werden kann.

Dass man seitens der SPD ein lang geplantes Gewerbegebiet über den Haufen wirft, und somit für eine Kommune existenzielle – eh schon immer weniger – Gewerbesteuergelder in den Wind schießt, bleibt uns ein Rätsel. Zumal bis heute kein nennenswerter Vorschlag gekommen ist, wie man gedenkt, diese Lücke zu stopfen. Und selbst wenn, wird es für eine Neuentwicklung wieder Jahre oder gar Jahrzehnte brauchen und viel Geld kosten.

Die Konsequenz für uns wird sein, dass wir genau hinschauen werden für welche Investitionen wieviel Geld zukünftig ausgegeben wird. Auch auf die Gefahr hin, dass man uns später „blockieren“ vorwirft. Wir würden es eher als sinnvoller Umgang mit haushälterischen Mitteln bezeichnen.

Denn eins muss man stets im Auge behalten.
Über allem schwebt – ähnlich wie in einem Harry Potter-Roman – eine Sache deren Name man nicht oder nur ungern aussprechen darf. Das Haushaltssicherheitskonzept. Uhhh – jetzt haben wir es doch getan.

Jeder von uns hat die Zahlen der Kämmerei für die kommenden Jahre gesehen. Jeder weiß, dass man in zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht mehr als 5 % des Eigenkapitalvermögens aufbrauchen darf, um nicht ein HSK aufstellen zu müssen. Und jeder hat gesehen, dass wir in 2 Jahren nur knapp von diesen 5 % entfernt sind. Und das zu einem Zeitpunkt in dem niemand in die Glaskugel schauen kann oder für eine krisengebeutelte Wirtschaft seine Hand ins Feuer legen möchte.

Es macht uns keine Freude, aber wer es noch immer nicht verstanden hat: Die einzigen Einnahmen, die wir als Kommunalpolitiker selbst ein wenig steuern können, sind die, die entweder vom Gewerbe oder vom Bürger kommen. Wenn man sich also gegen Mehreinnahmen ausspricht, die mit der Schaffung neuer Gewerbeflächen einhergehen, muss man auch so ehrlich sein, dem Bürger deutlich zu vermitteln, dass entweder gespart werden muss, was in der Regel mit dem Verlust von Lebensqualität einhergeht, oder das Geld vom Bürger bezahlt werden muss. Da bleibt unserer Meinung nach kein Spielraum für Symbolpolitik. Ein Bäumchen hier, ein Pfandring da und eine bisschen homöopathische Förderung von Mini-PV-Anlagen.

Was können wir uns leisten? Was wollen wir uns leisten? Was brauchen wir? Diese Fragen werden wir Kommunalpolitiker uns in den nächsten Jahren sicher immer wieder stellen müssen. Und dabei im Auge behalten müssen, dass wir dem Bürger nicht zu viel zumuten wollen…weder bei dem, was er bezahlen muss, noch bei dem, auf was er verzichten muss. Diese Gradwanderung gilt es zu meistern.

Vieles ist „nice-to-have“, vieles auch reine Symbolpolitik, die zur falschen Zeit unnötig Geld kostet.

Wir sind uns bewusst, dass viele finanzielle Schwierigkeiten nicht hausgemacht sind, und wir hoffen, dass sich in den kommenden Jahren viele Dinge wieder positiv entwickeln werden. Aber auch wenn wir dem Haushalt zustimmen werden, bedeutet das kein Freifahrtschein für Politik und Verwaltung was die Ausgaben der finanziellen Mittel betrifft. „Ausgeben mit Bedacht – Sparen mit Vernunft“ sollte das Motto lauten.

Aber es gibt noch andere Dinge deren Zukunft wir kritisch betrachten. So glauben wir, dass sich die Verwaltung selbst und Freudenberg mit dem Wegfall des Baudezernats keinen Gefallen getan hat. Was auf den ersten Blick wie eine Verschlankung klingen mag, bedeutet in letzter Instanz nur Mehrarbeit für andere Mitarbeiter. Überstunden werde kaum abgebaut, zusätzliche, teilweise ressortfremde Aufgabengebiete können schnell an die Belastungsgrenze führen.

Wichtige Themen und Projekte werden in Ausschüssen nur noch in Mitteilungsvorlagen abgehandelt oder sollen gar nicht mehr realisiert werden, weil anscheinend die Zeit fehlt sich ausreichend damit zu beschäftigen. Perspektivisch ist das in unseren Augen der falsche Weg.

Und auch der Umgang der Fraktionen untereinander hat sich verändert. Entgegen unserer Geschäftsordnung die besagt, dass Anträge ohne Erörterung in betreffende Ausschüsse oder gar in die folgende Ratssitzung verwiesen werden, werden Kommunikation und Diskussion bereits im Keim erstickt. Das macht ein sinnvolles Erarbeiten von Argumenten und das Abwägen für ein Für oder Wider nahezu unmöglich.

Kurz vor Ende der Haushaltsplanberatungen wurde uns dann noch der neue Brandschutzbedarfsplan vorgelegt. Diesmal von der Kommunalagentur, also mit kritischem Blick von außen aufgestellt. Er geht einher mit einer Menge Aufgaben und zu planenden Ausgaben für die Zukunft – allesamt notwendige Ausgaben in die Sicherheit der Freudenberger Bürgerinnen und Bürger – aber auch gleichzeitig mit der Gewissheit, dass wir in Freudenberg bereits heute mit unserer Freiwilligen Feuerwehr im Vergleich zu manch anderer Kommune im Kreisgebiet wirklich gut aufgestellt sind. Das beruhigt. Einen ganz herzlichen Dank an Reinald Thiemann und sein gesamtes Feuerwehrteam!

Dank natürlich ebenfalls an alle anderen ehrenamtlich tätigen Menschen in und um Freudenberg. Vieles wäre ohne Euch nicht möglich!

„Früher war alles anders“ – auch unsere Haushaltsreden. Es gab Zeiten, in denen viele unsere Rede als kritischen aber auch humorvollen Rück – bzw. Ausblick auf die politische Landschaft bezeichneten. Leider fällt die diesjährige Aussprache nicht ganz so aus, denn zum Lachen ist uns momentan nicht zu Mute.

Die gute Laune sollten wir uns dennoch nicht nehmen lassen und positiv in die Zukunft schauen.
Wir wünschen noch eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr.